Ich habe vor 20 Jahren nie gedacht das Krankenschwestern in Deutschland nix wert sind. Mit 17 Jahren habe ich meine Ausbildung zur Krankenschwester angefangen und und den drei Jahre Ausbildung alles Wissen mitgenommen was ging. Es hat mir richtig Spaß gemacht und ich hatte eine top Ausbildung.
Heute nach 20 Jahren Zweifel ich etwas an meiner Berufswahl. Ich liebe meinen Beruf über alles aber nicht sie Situation die jetzt herrscht. Ich bin von ganzen Herzen Krankenschwester. Ich gehe jeden Tag positiv in die Arbeit und freue mich auf neue Herausforderungen. Aber leider ist es nur noch eine Frage der Zeit das ich Angst habe bzw auch extremen Frust schiebe wenn ich arbeiten gehen muß.
Schon vor vielen Jahren hat es Angefangen das es in Deutschland immer mehr Pflegeschulen schließen und es auch weniger Krankenpflegeschüler gibt die den Beruf Krankenschwester bzw Pfleger erlernen wollen. Heißt eigentlich Gesundheitspfleger. Das haben sie geändert aber nicht die Situation das es viel zu wenig Personal gibt.
Ich arbeite in eine netten kleinen Krankenhaus und das schon über 15 Jahre. Ich habe in dieser doch kurzen Zeit einen großen Wandel mitbekommen. Es mußte am Krankenhaus angebaut werden da einfach die Betten fehlen, für eine normale Notversorgung. Es gab schon immer einen Bettenmangel. Somit hat man natürlich die Bettenzahl im Haus sehr nach oben getrieben. Das Team vergrößerte sich immer mehr. Neue Ärzte, Schwester kamen und mit ihnen noch super viel Energie und Motivation. Es war einfach schön zu arbeiten, du kanntest jeden und wurdest mit Namen begrüßt. Ich dachte mit klar das ist der Wandel und je größer das Haus wird um so größer die Menschenmenge die darin arbeiten. Doch die letzten Jahre hat sich da einiges geändert. Ein festes Team gibt es schon lange nicht mehr im Haus und es ist ein kommen und gehen vom Personal. Jeder ist unzufrieden und neue Kollegen sind überhaupt nicht Motiviert hier zu arbeiten und zu bleiben.
Als ich jedes mal meine Elternzeit beendet hatte bekam ich ein fast komplett neues Team. Das wurde nach dem dritten Kind dann wirklich schlimm. Ich kannte niemanden und ich war nur 1 Jahr nicht da. Für mich ist das unvorstellbar. Ich wohne fast 18 Jahre hier und möchte auch hier arbeiten. Meine Kids gehen in die Kita bzw in die Schule, warum muß ich das Krankenhaus verlassen. Nein gar nicht. Ich finde ein Wechsel macht die Situation auch nicht besser. Es gibt zwar Krankenhäuser die vom Personal etwas besser sind aber dafür müßte ich viel weiter fahren. Das muß ich mir und meiner Familie nicht antun. Also bleibe ich standhaft und bleibe der Klinik treu. Ich will auch was beitragen und positive Energie an meine Kollegen und Patienten weitergeben. Aber das wird immer schwieriger. Alleine das Familienleben leider darunter. Es kommt ein Anruf oder Whats app. Wer kann bitte einspringen, tauschen, Urlaub verschieben……. Mit meinen drei Kids ist das für mich und meinen Mann echt immer eine Logistikarbeit. Es hat mich schon viele Stunden schlaf gekostet und das ist ja auf Dauer nicht gut für meine Gesundheit. Meine Kids wollen Mittags eine warme Mahlzeit haben und die Hausaufgaben Betreuung soll auch noch laufen. Zwischendurch noch eine Stunde Schlaf holen und dann ab zu den Nachmittagsterminen. So geht es vielen Mamas. Daher arbeite ich zu 80% im Nachtdienst damit ich einfach tagsüber da bin wenn was ist. Kind krank, Kita zu, Mann nicht da…. Wann schlafe ich: in Etappen wenn es geht.
Trotzdem gehe ich super Motiviert zum Nachtdienst und mein Körper hat sich an den wenig Schlaf gewöhnt. Dafür sind die Dienste teilweise einfach nur der Horror. Ich könnte euch so viele Geschichten erzählen das ich bestimmt schon hätte mehrere Bücher schreiben können. Aber dafür fehlt mir einfache die Zeit. Ich kämpfe in meinen Diensten um die ordentliche Versorgung meiner Patienten und Schadensbegrenzung. Manchmal weiß ich nicht was ich als erstes machen soll. Bei 36 Patienten und nur 2 examinierten Kräfte hat man viel zu tun. Klar habe ich einen Schüler an der Seite oder eine Helferin aber die kann und darf nicht alles machen. Das vergessen so viele im alltäglichen arbeiten. Schüler sollten viel gezeigt bekommen, aber dafür fehlt mir einfach die Zeit. Egal welchen Dienst man hat, mit 18 Patienten ist man einfach überfordert. Ich hatte da eine AltagsSituation das einer erbrochen hat, der andere Patienten lag im Bad ist gestürtzt, einer hatte sich die Drainage gezogen und alles was voll Blut. Gleichzeitig sollte 7.30 Uhr die erste Patienten im OP sein. Ich hatte schon Angst das gleich das Telefon klingelt und ich zusammen gefaltet werde warum der Patient noch nicht unten ist. Mit sowas muß ich mich rumärgern. Dann beschwert sich ein Patient bei mir warum er sein Antibiotika noch nicht bekommen hat. Ich muß mich immer entschuldigen und das am Tag bis zu 50mal. Ich bin immer nett und höflich und somit ist es selten das Patienten dann ganz ungehalten werden. Aber was ist in der Situation am Wichtigsten. Bei mir gehen die Patienten vor die wirklich eine Not haben und meine Hilfe brauchen. Klar muß ich mir dann wieder anhören von den Ärzten das es so nicht geht und der Patient hat gefälligst pünktlich im OP zu sein. Wieder entschuldige ich mich. Meine Situation erklären bringt eh nix. Manchmal kommt einfach alles auf einmal. Man denkt es läuft dann wieder gut , kommt schon das nächste. Patient ist zur Stationären Aufnahme bzw OP nicht gekommen. Es wird telefoniert, telefoniert…. Ärzte meckern wieder. Patient hatte eine falsche Uhrzeit bekommen. Sorry aber ich kann nix dafür. Patienten kommen, ich habe kein Zimmer. Sitzen 6h auf den Flur und müßen warten bis endlich jemand entlassen wird. Ich versuche die Patienten immer wieder aufmuntern. Aber warten ist einfach blöd obwohl man für 7 Uhr bestellt worden ist. Gleichzeit ruft die Ambulanz an wir bekommen ein Zugang. Ich sage nein, wir haben kein Platz. Ist egal!! Wenn ich das schon höre. Leute ich habe kein Bett. Rums Telefon wird einfach draufgeknallt. Dann schon wieder Anruf, erste PTA kann abgeholt werden. Das war der erste Patienten den ich schnell im Aufnahmezimmer fertig gemacht habe, da wir kein Bettenplatz hatten. Ich wieder Sorry, ich habe kein Platz. Wie du hast kein Platz, die Patienten ist doch von euch. Ja aber das Aufnahmezimmer ist schon wieder belegt und ich habe nix. Grummeln in der Leitung. Wann wird das was, kommt es aus den Hörer. Wenn Patienten gehen und der Bettplatz geputzt ist, meine Antwort zurück. Nebenbei habe ich noch Patienten gewaschen, Visite gegangen….. Das war alles an nur einen Tag. Da soll man noch Nerven haben und nett sein. Es fällt super schwer. Die Nächte sind genau so bescheiden. Besonders nervt es mich wenn besprochen wird das wir nix mehr aufnehmen sollen und man regelrecht gezwungen wird den Patienten zu nehmen. Auch weil die andern Stationen kein Bock haben die Patienten zu nehmen. Ist leider so. Besonders Furchtbar finde ich es wenn ich mal Nachts wieder alleine mit einer Schülerin bin. Es gibt Nächte die sind okay, aber sobald was da zwischen kommt habe ich echt Angst die Arbeit bis 6 Uhr nicht zu schaffen. Das Tabletten stellen in der Nacht finde ich einfach sehr anspruchsvoll und ich bin ein Perfektionist, aber 100% Top Leistung kann da keiner schaffen. Nicht bei diesen Arbeitstempo. Ich habe Nächte gehabt da war ich erst 5 Uhr mit den Tabletten stellen fertig. Oft sitzen oder liegen ( im Bett natürlich) Demente Patienten bei uns in der nähe vom Stationsstützpunkt weil die Gefahr viel zu hoch ist das sie stürzen oder die ganze Station zusammen schreien. Eigentlich bräuchte man Zeit, die Hand zu halten oder ein kurzes Gespräch aber die hat man einfach nicht.
Ich vergesse mich schon selbst. Essen fällt aus oder es wird sich schnell ein Nutellabrötchen in den Mund geschoben. Trinken vergessen ist noch schlimmer. Ich habe immer eine kleine Wasserflasche auf den Pflegewagen dabei damit ich was trinke. Das Tempo wie ich jetzt arbeite kann ich mit 60Jahren nicht mehr machen. Aber so wie es aussieht werden bis dahin es über 500000Pflegefachkräfte fehlen. Bei der Zahl wird mir echt schlecht. Noch weniger Schwestern und noch viel ältere Leute. Das heißt am besten nie krank werden. Die Katastrophe will ich nicht mit erleben. Kommt jetzt nicht auf die Idee ach klar mit Ausländischen Personal wird das schon. Na dann träumt mal weiter. So schlecht wie Krankenschwester bezahlt , werden auch ausländische Kräfte diesen Beruf kaum ausüben. Meiner Tochter habe ich auch schon gesagt sie soll nicht Krankenschwester werden. Du bist nur der Depp für alle. Nur wenig Ärzte stehen hinter einen, du bist nur eine Nummer die ihre Arbeit verrichten soll. Manchmal fühle ich mich nicht wahrgenommen und auch nicht Vollwertig. Ich arbeite schon lange in meinen Beruf und habe viel Erfahrung gesammelt, auch in anderen Fachrichtungen aber das ist leider nix mehr wert. Die Krankenschwester laufen überall am Limit und ich kann es voll verstehen, wenn jemand aus den Beruf aussteigt und was anderes machen will. Manchmal hat man Glück und verdient dann sogar mehr Geld.
Für mich ist es wirklich eine Berg und Tal fahrt. Es wird wohl erstmal die nächsten Jahre so weiter gehen. Mal sehen wie lange ich das aushalte. Vielleicht wird es auch einfacher wenn die Kids größer werden oder es kommt ein Wandel in der Pflege.